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Kunst Kommentar

"Stimmgewaltiger mit Malertalent"

Der Saenger Andreas Jaeggi entwirft auch gerne mal ein poppiges Stillleben.

Der Basler Andreas Jaeggi uebt als Opernsaenger und bildender Kuenstler zwei Berufe nebeneinander aus. Moeglich ist dies nur dank der unermuedlichen Unterstuetzung seines Lebenspartners Ron Rubey.

Multitalente, die zugleich Opernsaenger, Maler und Objektkuenstler sind, trifft man nicht an jeder Hausecke. Am Tiergartenrain 5 stossen wir allerdings auf Andreas Jaeggi, einen dieser vielseitig Begabten, fuer den Kunst und Leben eine unzertrennliche Einheit bedeuten. Spuerbar wird dies bei einem Besuch in Jaeggis elegantem Jugendstilappartement: Da gibt es nicht nur erlesene Moebel, ein Klavier und Notenmaterial, sondern vor allem auch viele Bilder und Skulpturen, die der Kuenstler ueber mehrere Jahrzehnte hinweg geschaffen hat. Mit einer Kostprobe seiner Stimmgewalt tauchen wir dann vollends ein in die faszinierende Welt der Musik und der Kunst.

Die Liebe zur Kunst wurde dem 1952 in Basel geborenen Andreas Jaeggi sozusagen in die Wiege gelegt. Die Mutter war Malerin, der Vater Verleger und spaeter Besitzer der renommierten Buchhandlung W. Jaeggi AG in Basel und Bern. Querfloetenunterricht und der Besuch der Grafikfachklasse an der Basler Kunstgewerbeschule waehrend der 1970er Jahre bildeten die solide handwerkliche Basis fuer Jaeggis enorme Kreativitaet. Schon als 22-Jaehriger begann er, Kostueme und Buehnenbilder fuer die Pariser Musiktheatercompagnie Alain Germain zu entwerfen.

Opern und Konzerte

Zum Gesang sei er durch puren Zufall gelangt, sagt Andreas Jaeggi. Eine Wohnungsnachbarin habe irgendwann einmal die Bemerkung gemacht, dass er gut zeichnen, aber noch besser singen koenne. So ermutigt meldete sich Jaeggi beim Konservatorium, wo er rasch Aufnahme fand und schon bald als Tenor seine erste Bachkantate singen durfte. Ein mehrjaehriges Gesangsstudium bei der beruehmten Opernsaengerin Maria Stader perfektionierte schliesslich seine stimmlichen Qualitaeten, mit denen er nun seit drei Jahrzehnten als Solist und Charakterdarsteller im klassischen Opern- und Konzertbereich zu brillieren versteht.

Seine kraftvolle Stimme und sein Schauspieltalent vermittelten ihm schon frueh feste Engagements an verchiedenen deutschen Opernhaeusern. An der Oper von Osnabrueck lernte er vor 25 Jahren auch seinen Lebenspartner, den amerikanischen Taenzer Ron Rubey, kennen. Nur dank dieser harmonischen Partnerschaft und Zusammenarbeit, stellt Jaeggi mit Nachdruck fest, sei es ihm moeglich, seine Neigungen als Saenger und bildender Kuenstler voll auszuleben.

Im musikalischen Bereich hat Jaeggi soeben zwei neue Vertraege mit der Opera National de Paris fuer die Produktionen von "Salome" von Richard Strauss und "Billy Budd" von Benjamin Britten unterschrieben (*). Ausserdem wird er zur Spielzeit 2008/09 als Doktor Blind in Johann Strauss' "Fledermaus" am Opernhaus Amsterdam zu hoeren und zu sehen sein.

(* Andreas Jaeggis naechste Produktion an der Bastille findet 2009 statt: er wird Goro in "Madama Butterfly" von Puccini in der Inszenierung von Robert Wilson portraitieren.)

Malen und Gestalten

Trotz all seiner Erfolge als Saenger gesteht Andreas Jaeggi ganz offen, dass die bildende Kunst im eigentlichen Zentrum seines Lebens stehe. Im Malen, Zeichnen und skulpturalen Gestalten findet er vermutlich die Freiraeume, die ihm das volle Ausleben seines kreativen Dranges erlauben. Erlebnisse und Empfindungen weiss der Kuenstler sehr unterschiedlich – in poppigen Stillleben, impressionistischen Stadtlandschaften oder surreal angehauchten Ton und Fliessharzfiguren – zum Ausdruck bringen.

Zu den besonderen Eigenheiten Jaeggis gehoert vor allem das leicht ironische Verfremden alter Meister und Stile. Ganz unverfroren etwa kopiert er ein Richelieu-Portrait des Malers Philippe de Champaigne aus dem 17. Jahrhundert und ersetzt das Haupt des Kardinals durch den eigenen Kuenstlerkopf. Aehnlich verfaehrt er in einer Zeichnungsserie, in der er die Mona Lisa von Leonardo mit beruehmten Haeuptern wie denjenigen von Einstein, Mutter Teresa oder gar Donald Duck versieht. Womit es ihm zweifellos gelingt, die Symbolkraft dieser Figuren auf sehr eigenwillige Weise zu steigern.

Im Jahr 2001 haben Andreas Jaeggi und Ron Rubey damit begonnen, Ausstellungen im In- und Ausland zu organisieren, um die Werke einer breiten Oeffentlichkeit zu praesentieren. "Mit den Ausstellungen konnten wir wertvolle Erfahrungen sammeln. Ende 2007 haben wir nun beschlossen, alle Ausstellungsaktivitaeten vorlaeufig einzustellen", sagt Jaeggi. Dies zweifellos, um Vergangenes zu ueberdenken und Zeit fuer Neues zu schaffen, auf das Kunstfreunde wohl auch in Zukunft sehr gespannt sein duerfen.
 
von Renate Duerst fuer Basler Zeitung
 

Foto oben: "Tausch. Andreas Jaeggi vor seinem Richelieu-Portrait, bei dem er das Haupt des Kardinals durch sein eigenes Abbild ersetzt hat."
Fotos: Lea Hepp (Aufnahmen nicht frei von Urheberrechten)